GIES­SEN . Es ist ein Kreuz mit dem Wahl­volk, dass al­le vier Jah­re aufs Neue da­zu mo­ti­viert wer­den muss, sein Kreuz zu ma­chen. Was hat­ten die Kreis-Christ­de­mo­kra­ten nicht al­les auf­ge­fah­ren, um den Sou­ve­rän zum Som­mer­fest in den Schloss­park zu lo­cken: Ei­ne Hüpf­burg, Clowns und Ar­tis­ten so­wie ei­ne wasch­ech­te Rock­band, die mit Flie­ge und im wei­ßen Ober­hemd sub­ver­si­ves Lied­gut wie J.J. Ca­les „Co­cai­ne“ in Zim­mer­lauts­tär­ke kre­denz­te. Da­zu gab‘s Na­ckens­te­ak und Brat­wurst. Volk, was willst Du mehr?

Als mit CDU-Frak­ti­ons­chef Vol­ker Kau­der ei­ne Stun­de spä­ter der Star des Abends mit der hei­mi­schen CDU-Pro­mi­nenz im Ge­fol­ge er­schien, füll­ten dann doch noch rund 300 Zu­hö­rer die Bän­ke. Nach dem obli­ga­to­ri­schen Lob vom hei­mi­schen Bun­des­tags­ab­ge­ord­ne­ten Hel­ge Braun für sei­nen Chef und des­sen pflicht­schul­di­ger Re­tour­kut­sche für den lie­ben Hel­ge, wur­de es dann aber doch noch ein er­kennt­nis­rei­cher und kurz­wei­li­ger Abend. Na­tür­lich pre­dig­te Kau­der im Schloss­park vor­zugs­wei­se zu den Be­kehr­ten. Das tat der an die­sem Abend sicht­lich gut auf­ge­leg­te Christ­de­mo­krat aber mit zwei See­len in sei­ner Brust. Da rüg­te er die Trump-Schel­te des Bun­des­au­ßen­mi­nis­ters: „Man kann ei­nen ge­wähl­ten ame­ri­ka­ni­schen Prä­si­den­ten nicht als Hass­pre­di­ger be­zeich­nen“, und konn­te dann selbst nicht der Ver­su­chung wi­ders­te­hen, sein Pu­bli­kum rhe­to­risch zu fra­gen, wer denn ei­gent­lich die­ser Typ sei, der im Wei­ßen Haus her­um­geis­te­re und je­den Tag nur Un­sinn twit­te­re.
In schnel­ler Fol­ge zähl­te er auch die an­de­ren Schreck­ge­stal­ten auf, die dem bra­ven Deut­schen den Schlaf rau­ben: die Chi­ne­sen, Krim-Räu­ber Pu­tin und na­tür­lich Er­do­gan. Wie gut, dass wir, so Kau­der, zu­min­dest in Deutsch­land ei­ne Füh­re­rin ha­ben, der wir ver­trau­en kön­nen, näm­lich „den ein­zi­gen Mann“ un­ter Eu­ro­pas Staats­ober­häup­tern. Bei al­lem Kanz­ler­in­nen­lob, in ei­nem Punkt ließ Kau­der auch Dis­sens er­ken­nen. Zwar for­dert er kei­nen Ab­bruch der EU-Bei­tritts­ver­hand­lun­gen mit der Tür­kei, aber er hofft, dass Er­do­gan das von selbst tut. Für Kau­der ist Eu­ro­pa ei­ne „von jü­disch-christ­li­cher Tra­di­ti­on ge­präg­te Schick­sals­ge­mein­schaft“. Für die­sen Satz er­hielt er be­son­ders viel Bei­fall von den zahl­reich er­schie­ne­nen Mit­glie­dern der sy­risch-or­tho­do­xen Ge­mein­de, al­len vo­rab de­ren Bi­schof Mor Phi­lo­xe­nos Mat­thi­as Nay­is. Und für al­le, die dem Er­do­gan mal „eins auf die Müt­ze ge­ben“ wol­len, hat­te der Schwa­be auch noch ei­nen nicht ganz un­ei­gen­nüt­zi­gen Rat: „Macht lie­ber Ur­laub bei mir im Schwarz­wald statt in der Tür­kei.“ Ver­ba­le Dre­sche gab es vor al­lem für den Noch-Koa­li­ti­ons­part­ner SPD. Ob Kau­der sich nun da­rü­ber mo­kier­te, dass „die So­zis“ lie­ber Schul­toi­let­ten sa­nie­ren wol­len, statt die Bil­dung zu ver­bes­sern („Wir müs­sen in die Bir­nen in­ves­tie­ren und nicht ins Klo“) oder über de­ren Un­wil­len, Schul­den ab­zu­bau­en, rä­so­nier­te. Klein­ere Kon­tra­hen­ten um des Wäh­lers Gunst ig­no­rier­te er nicht ein­mal. Lo­ben­de Wor­te fand er da­ge­gen für To­te-Ho­sen-Sän­ger Cam­pi­no, nach­dem der in ei­nem In­ter­view An­ge­la Mer­kel als al­ter­na­tiv­los be­zeich­net hat­te. „An Ta­gen wie die­sen, wünscht man sich Un­end­lich­keit?“ Vol­ker Kau­der und sei­ne CDU hät­ten wohl nichts da­ge­gen. (In­ter­view folgt)

Gießener Anzeiger

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